Das Jugendamt des Rhein-Neckar-Kreises sucht immer aufgeschlossene Menschen, die bereit sind, Eltern auf Zeit zu werden.
Wer diese Aufgabe übernehmen möchte, ist zu einem Informationsabend am 17. März 2004, um 19.30 Uhr im Großen Sitzungssaal des Landratsamtes (5. OG), Kurfürstenanlage 38-40, 69115 Heidelberg eingeladen.
Zehn Jahre Bereitschaftspflege im Rhein-Neckar-Kreis:
Kindern in schwierigen Situationen ein Zuhause bieten
Wenn Kinder kurze Zeit nicht bei ihrer eigenen Familie leben können, brauchen sie Pflegefamilien, die bereit sind, sie aufzunehmen. Sie springen dann ein, wenn Eltern oder Alleinerziehende erkranken, zur Kur müssen oder ihre Kinder aus anderen Gründen zeitweise nicht selbst versorgen können. Diese verantwortungsvolle und interessante Aufgabe nehmen im Rhein-Neckar-Kreis engagierte Familien wahr, wie Annette und Ronald Betzin aus Plankstadt (Foto), die bereits seit langen Jahren Kindern in schwierigen Situationen ein Zuhause bieten. Als vor zehn Jahren im Rhein-Neckar-Kreis das Projekt "Bereitschaftspflege" initiiert wurde, betreute Familie Betzin bereits über das Kreis-Jugendamt Tagespflegekinder und entschloss sich, zwei Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen. Nach intensiver Schulung wurde 1994 der erste Bereitschaftspflegevertrag mit ihnen abgeschlossen und bis heute hat sich die gute Zusammenarbeit bewährt. 56 Kinder, vom Säugling bis zum 15-jährigen Jugendlichen, hat das Ehepaar bisher aufgenommen und gemeinsam mit dem Jugendamt eine Perspektive für deren weiteren Lebensweg entwickelt. Zwischenzeitlich sind zwei eigene Kinder dazu gekommen. Die Eheleute entschieden sich für diese Form der Betreuung, weil sie "Kindern einfach helfen wollten". Dabei konnten sie damals noch nicht absehen, wie viel Engagement, Zeit, Flexibilität und Toleranz die Bereitschaftspflegekinder benötigen, die aus unterschiedlichen familiären Gründen zu ihnen kommen. So mussten sie sich auf Kinder von Suchtkranken ebenso einstellen wie auf misshandelte oder missbrauchte Kinder. Auffallend sei auch die steigende Tendenz psychisch kranker Mütter oder Eltern, die mit der Versorgung der Kinder überfordert sind. "Jedes Kind mit seiner ganz individuellen, meist sehr tragischen Lebensgeschichte aufzunehmen, erfordert ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz und persönlicher Belastbarkeit. Wichtig ist auch eine positive Grundeinstellung zu den leiblichen Eltern des Kindes", betont Jugendamt-Referatsleiter Heinrich Knester. Priorität habe dabei die intensive, enge Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. "Am Beginn jeder Aufnahme erstellen wir eine ausführliche Diagnose, woher das Kind kommt, warum es untergebracht werden muss und welche Hilfe es in den kommenden Wochen benötigt", so Knester. Schule und Kindergarten in Plankstadt seien auf die oft schnelle Betreuung bzw. den Wechsel der Kinder bereits eingerichtet. Besuche und Gespräche mit den leiblichen Eltern werden ebenfalls durch das Jugendamt festgelegt und geklärt, ob das Kind anschließend in sein Elternhaus zurückkehren kann oder in eine Vollzeitpflegefamilie oder in ein Heim kommt. Für Frau Betzin und ihren Mann ist es wichtig zu wissen, dass die Kinder eine gute weitere Zukunft haben werden. Behilflich ist ihnen hierbei die monatliche Gruppe, in der sie zusammen mit derzeit vier weiteren Bereitschaftspflegeeltern alle anstehenden Probleme besprechen können. Diese Gruppe ist verpflichtend für alle Pflegeeltern. Gab es auch Kinder, die sie gerne für immer aufgenommen hätten? Ja, auch diese Situation kennt Familie Betzin. Wenn sie sich von einem Kind, das mehrere Monate bei ihnen war, nur schwer trennen konnten und umgekehrt auch das Kind sich emotional an sie gebunden hatte. Der ursprüngliche Plan des Jugendamtes bei der Einrichtung der Bereitschaftspflege war, Kinder höchstens drei Monate in der Übergangsfamilie zu belassen. Die Realität sieht jedoch zuweilen anders aus. Wenn die leiblichen Eltern mehr Zeit benötigten, ihre Lebensumstände zu verändern oder das Gericht den weiteren Aufenthalt des Kindes klären musste, waren manche Pflegekinder schon mal ein Jahr bei ihnen und die Trennung fiel entsprechend schwer. Zu einigen der Kinder haben sie heute noch Kontakt und werden dabei in ihrem Gefühl bestärkt, gute Begleiter gewesen zu sein. Man müsse sich jedoch immer vor Augen halten, dass man für die Kinder nur vorübergehende Station ist, betonen Frau Betzin und ihr Mann. Sie raten daher allen Interessierten ab, diese Aufgabe zu übernehmen, wenn sie selbst den Wunsch haben, mit einem Vollzeitpflegekind zu leben. Ideal sei es, Erfahrungen mit eigenen Kindern zu haben. Bei einer solch schwierigen Arbeit bleiben natürlich auch Konflikte mit allen Beteiligten nicht aus. Für beide Pflegeelternteile ist es sehr wichtig, dass Fragen oder Unstimmigkeiten schnell und konstruktiv gelöst werden. Offenheit im Umgang mit dem Jugendamt als Institution ist daher unerlässlich. Wenn beide Eheleute auf die zurückliegenden Jahre schauen, bleiben als Fazit, dass ihr Leben sehr bereichert wurde, viele Schicksale sie aber auch nachdenklich stimmten. "Wir sind aber trotzdem eine fröhliche, lebensbejahende Familie. Wir haben eine Aufgabe mit hoher Verantwortung übernommen, die uns weiter bestärkt, Kinder auf ihrem Weg zu begleiten".