Friedenslinde
Die Tage der Friedenslinde sind gezählt – ein liebgewonnenes Wahrzeichen geht verloren
Die Oftersheimer Friedenslinde soll nach Überlieferungen im Jahr 1648 nach dem Dreißigjährigen Krieg als Friedenssymbol gepflanzt worden sein. Beweise hierfür konnten aber leider weder in den Feld- und Waldakten des Badischen Generallandesarchives noch in den zahlreichen Ortsakten gefunden werden. Der Wahrheit am nächsten kommt wahrscheinlich ein Pressebericht aus dem Jahre 1948, der wie folgt lautet: „Am Rande des Hardtwaldes, ganz in der Nähe des Oftersheimer Friedhofes, steht eine mächtige Linde. Nach den in den zwanziger Jahren von Prof. Zimmermann (Vater von Elise Leitz, Mühle) durchgeführten Untersuchungen und Vergleichen ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass es sich um eine sogenannte „Friedenslinde“ handelt, wie sie im Jahre 1648 beim Abschluss des westfälischen Friedens vielfach gepflanzt wurden, jedoch nur noch ganz vereinzelt vorhanden sind. Die Oftersheimer Linde ist einer der größten Bäume in der Pfalz. Sie gehört zu der kleinblättrigen Art (Tilla panvifolia Eh.) und ist über 20 Meter hoch. Der Stamm hat 2 Meter über dem Boden einen Umfang von über 3 Meter. Im ersten Weltkrieg wurde dem Baum großer Schaden zugefügt, als die unteren Äste, die fast bis auf den Boden reichten, unbefugt entfernt und zu Brennholz benutzt wurden. Der Baum bietet aber auch jetzt noch ein imposantes Bild. Er wurde im Jahre 1936 unter Naturschutz gestellt.“ Aufgrund einiger Forschungen wird davon ausgegangen, dass die Friedenslinde ihren Namen erst 1871 erhalten hat. Damals wurde in Oftersheim ein großes Siegesfest gefeiert. Die Bevölkerung und der damalige Bürgermeister Abraham Koppert kamen auf dem Vogelhäuselbuckel zusammen. Dieser Buckel wurde anschließend in „Friedenshöhe“ umbenannt. Auf dieser Friedenshöhe wurden drei Pappeln, die sogenannten „Friedenspappeln“ gepflanzt. Deshalb geht man davon aus, dass die Friedenslinde ihren heutigen Namen erst 1871 erhalten hat, obwohl sie damals schon älter als 200 Jahre war. Leider sind die vergangenen Jahre nicht ohne Spuren an dem als Naturdenkmal ausgewiesenen Baum vorübergegangen. So zeigte sich erstmals im Jahr 1988 deutlich, dass es mit dem Gesundheitszustand des Baumes nicht zum Besten stand. Damals war ein großer Ast ohne Windeinwirkung abgebrochen und die ersten größeren Sanierungsarbeiten wurden notwendig. Aus Sicherheitsgründen wurden die weit ausladenden, kopflastigen Äste um ein Drittel gekürzt und ein weiterer großer Ast vollständig entfernt, da auch an ihm eine Bruchstelle festgestellt wurde. Im Jahre 1994 wurde ein umfangreiches Gutachten über den Zustand der Friedenslinde erstellt. Auch hier zeigte sich die Notwendigkeit von Sofortmaßnahmen und weitergehenden Pflegemaßnahmen. Erneut musste ein trockener Ast entfernt werden. Zur besseren Standfestigkeit wurden vier Seilanker eingebaut. Aufgrund des Gutachtens wurde ein Pflege- und Sanierungsplan ausgearbeitet. Es erfolgte eine tiefgründige Lockerung des Bodens bei gleichzeitiger Einbringung von Dünger und Verbaustoffen. 1998 wies die Friedenslinde wieder einen erheblichen Totholz-Anteil auf, so dass kurze Zeit später erneut ein Gutachten erstellt wurde. Leider waren die Ergebnisse dieser Untersuchung nicht erfreulich, denn die Linde musste erneut um ein Drittel eingekürzt werden. Aufgrund des Schadbildes an der Krone, konnte darauf geschlossen werden, dass auch im Wurzelbereich erhebliche Schäden vorhanden sind. Die Friedenslinde verlor weiterhin an Vitalität und die Neuaustriebe wurden immer kleiner und spärlicher. Im Jahre 2002 wurde bei regelmäßigen Kontrollen der Linde ein starker Pilzbefall festgestellt, dies ist meist kein gutes Vorzeichen. So wurde erneut ein Gutachten in Auftrag gegeben und die schlimmsten Befürchtungen haben sich bestätigt. Die Friedenslinde ist vom Hallimasch befallen und dieser wird den Baum in nur kurzer Zeit vollständig abtöten, indem er durch den Abbau der Rinde den Saftfluss von der Krone in die Wurzeln unterbricht. Unversorgte Wurzeln faulen schnell ein und werden zunehmend abgebaut. Es wurde festgestellt, dass die Friedens-linde zunehmend umsturzgefährdet ist, da sie ihre Verankerung im Boden verliert. Das Gut-achten attestierte der Gemeinde einen dringenden Handlungsbedarf. Da es sich bei der Friedenslinde um ein Naturdenkmal handelt, mussten alle notwendigen Maßnahmen mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt werden. Aufgrund des vor-liegenden Gutachtens und der angeratenen Entfernung, hat das Landratsamt die Friedens-linde aus der Naturdenkmal-Verordnung herausgenommen und somit die notwendigen Fällarbeiten ermöglicht. Am Freitag, dem 05.12.2003 wird es nun soweit sein und es heißt Abschied zu nehmen von einem Giganten der Bäume. Ab ca. 9:00 Uhr wird der Baum gefällt. Viele Generationen können sich an die Friedenslinde erinnern und völlig unabhängig vom Alter der Betrachter, hat der Baum stets einen Zugang zu den Herzen der Menschen gefunden. Viele Oftersheimer werden wehmütig die leere Stelle betrachten, die die Fällung der Friedenslinde zurücklassen wird. Die mit der Entfernung der Friedenlinde beauftragte Firma hat auch gleichzeitig die Aufgabe, den Untergrund so vorzubereiten, dass in Kürze ein neuer Baum gepflanzt werden kann. Dieser Baum, voraussichtlich wieder eine Sommerlinde, wird wohl niemals ein vollständiger Ersatz für die Friedenslinde sein können, aber es ist dennoch ein Versuch den bisherigen Standort wiederzubeleben und für die nachfolgenden Generationen vorzusorgen. Aus dem Stamm der Friedenslinde wird eine Baumscheibe herausgesägt werden. Diese wird dann ein Gutachter untersuchen und die Jahresringe ermitteln, so dass das Rätsel um das tatsächliche Alter der Friedenslinde zum Ende hin doch noch gelüftet werden kann. Die so erhaltenen Informationen sowie die Baumscheibe sollen anschließend im Gemeindemuseum der Bevölkerung zugänglich gemacht werden, so dass auch künftige Generationen einen Eindruck von der ehemaligen Stattlichkeit des Baumes erhalten können.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger können sich in der Zeit von 12:00 Uhr bis 14:00 Uhr ein Erinnerungsstück der Linde mit nach Hause nehmen.