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Modell des alten Rathauses wurde offiziell übergeben (20.1.10)
Rubrik: | Gemeindeverwaltung |
Herausgeber: | Gemeinde Oftersheim - Gemeindeverwaltung |
Ort: |
Gemeindemuseum
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Rathausmodell
Eines der verschwundenen Wahrzeichen Alt-Oftersheims kann künftig wieder von allen interessierten Bürgern bestaunt werden, zwar „nur“ im Maßstab 1:25, aber durchaus anschaulich und detailgetreu: das alte Rathaus. Johannes Seidler, Ehrenmitglied des Heimat- und Kulturkreises und begnadeter Modellbauer, hat es in rund 500 Arbeitsstunden geschaffen. Unterstützung fand er dabei im Vorfeld beim ehemaligen Museumsleiter Rolf Weber, der im Gemeindearchiv die wenigen noch erhaltenen Planunterlagen gesichtet hatte, und in Architekt Wolfram Lorentz, der anhand dieser Risse und diversen Fotos die Ausführungspläne für das „Modell-Bauvorhaben“ erstellte. Wenige Tage vor Weihnachten übergab Johannes Seidler sein rundum gelungenes Werk im Rathaus - am einstigen Standort des Originalbaus – im Rahmen einer kleinen Feierstunde an Bürgermeister Helmut Baust und damit in die Obhut aller Oftersheimer Bürger in Begleitung des Arbeitskreises „Museum“ des Heimat- und Kulturkreises mit dessen Ersten Vorsitzenden Jobst Wühler.
Nach seinen Begrüßungsworten ging Hans-Peter Sturm von der Museumsleitung zunächst auf die Geschichte der Oftersheimer Rathäuser ein, deren Anfänge bis in das 15.Jahrhundert zurückreichen. Damals wurde bereits im Bereich des heutigen Rathauses ein „Gerichtshaus“ erwähnt, gewissermaßen ein früher Vorläufer der späteren Verwaltungsbauten. Das erste nachweisbare „richtige“ Rathaus wurde hingegen in den Jahren 1710/11 erbaut; daher kann die Hardtgemeinde im kommenden Jahr auf 300 Jahre Rathausgeschichte zurückblicken. Es stand längs zur Häuserzeile, fast mitten im Straßenraum vor den heutigen Rathausstellplätzen. Zugleich diente es der kleinen katholischen Gemeinde als Schulhaus und trug schon damals in einem Türmchen eine Glocke, die stets ein Streitobjekt zwischen politischer und Kirchengemeinde war. Wegen Baufälligkeit und aus Platzgründen musste es schließlich jenem neuklassizistischen Bau weichen, der 1870/71 nach Plänen des Karlsruher Architekten Breitenberger errichtet wurde. Mit seiner pilastergegliederten Fassade zur Mannheimer Straße, dem Balkon über dem Eingang und vor allem dem stattlichen viergeschossigen Uhr- und Glockenturm verlieh das Gebäude dem damals noch fast reinen Bauerndorf mit seinen Spitzgiebelhäuschen ein fast schon städtisch anmutendes Gepräge. Es war daher zu Recht „der Stolz der Oftersheimer“, wie der Heimatforscher Franz Volk in seiner Ortschronik bemerkt.
Im Rathaus waren damals auch die Löschgeräte der späteren Feuerwehr untergebracht, deren Räumlichkeiten 1937 in Bürostuben umgebaut wurden, nachdem schon in den zwanziger Jahren erste, wenn auch bescheidene, Um- und Anbauten stattgefunden hatten. Der sprunghafte Anstieg der Einwohnerzahlen nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Heimatvertriebenen und dem allmählichen Wandel hin zur Wohngemeinde forderte auch für die Gemeindeverwaltung einen erhöhten Raumbedarf, dem man schließlich nach längeren Voruntersuchungen nur mit einem kompletten Neubau am alten Standort zu begegnen glaubte. Die Abrissarbeiten im Jahr 1964 wurden von einer amerikanischen Pioniereinheit durchgeführt; das Abbruchmaterial fand im Gewann „Hardtlache“ beim Feldwegausbau eine neue Verwendung.
Bürgermeister Helmut Baust erinnerte sich noch gut an die damalige Entscheidung, die unter Bürgermeister Karl Frei mit einer knappen Mehrheit im Gemeinderat gefällt worden war. Zuvor hatte man noch über alternative Standorte wie den alten Kirchhof nachgedacht. Zusammen mit der alten evangelischen Kirche würde dieses Rathaus auch heute in der neugestalteten Ortsmitte Oftersheim zur besonderen Zierde gereichen. Altbürgermeister und Ehrenbürger Siegwald Kehder, der wie sein Vorredner schon seit jungen Jahren beruflich in der Gemeindeverwaltung tätig war, verband ebenfalls viele persönliche Erinnerungen mit jenem schmucken Gebäude, vor dem sich einst auch die „Briggewoog“ für die Landwirte befand, und dessen vergitterte Fenster im Erdgeschoss die Gemeindekasse vor unbefugtem Zugriff sicherten. Er verwies auch auf die ersten Überlegungen zum Modellbau im Jahr 1995 vor dem Hintergrund des Gemeindefestes im darauffolgenden Jahr.
Was ist geblieben vom „echten“ alten Rathaus? Neben den beiden Glocken auf dem Podest des Rathausbrunnens als nunmehr stumme Zeugen der Ortsgeschichte sind es die drei vergoldeten Zifferblätter – eines davon fand zusammen mit dem erhaltenen und funktionstüchtigen Werk der Rathausuhr in der Scheune des Anwesens Mannheimer Straße 59 anlässlich des Museumstages 1996 Aufstellung. Auch hier hieß der Initiator Johannes Seidler, der nicht nur das neue Uhrengehäuse anfertigte, sondern auch schon zehn Jahre zuvor, für das Gemeindefest 1986, am Modell der römischen Villa Rustica maßgeblich beteiligt war. Das gewölbte Emailleschild am Sockel des Modells mit der Aufschrift „Gemeinde Oftersheim – Landkreis Mannheim“ war einst rechts vom Eingang angebracht und spannt damit einen direkten Bogen vom Nachbau zum verlorenen Original.
Das Miniatur-Rathaus kann noch bis Ende April im Treppenhaus des „großen“ Rathauses zu den üblichen Öffnungszeiten besichtigt werden. Seinen endgültigen Aufstellungsort findet es ab dem Museumstag am 1.Mai in der ortsgeschichtlichen Abteilung des Gemeindemuseums - in der Nachbarschaft zum Modell der alten evangelischen Kirche von 1747, ebenfalls aus der Hand von Johannes Seidler aus dem Jahr 2008, dem ob dieses Engagements für die Geschichte Oftersheims nicht genug gedankt werden kann.