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Gedenkfeier anlässlich des Volkstrauertages 2007 (21.11.07)
Rubrik: | Veranstaltungen |
Herausgeber: | Gemeinde Oftersheim - Gemeindeverwaltung |
Ort: | Friedhof |

Volkstrauertag 2007
Gedenkansprache zum Volkstrauertag 2007 von Herrn Friedrich Vobis:
Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher dieser heutigen Gedenkfeier,
in seinem Geleitwort zum Volkstrauertag 2007 hat der Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge Reinhard Führer u. a. Folgendes geschrieben:
„Der Volkstrauertag ist sicher einer der bedeutendsten Gedenktage in Deutschland – und einer, der am meisten die oberflächliche Geschäftigkeit stört. Wir wenden an diesem Tag unsere Gedanken zurück, vergewissern uns der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts und gedenken der Opfer, die Kriege und Gewaltherrschaft forderten.
Auch andere Nationen pflegen ihre Erinnerungstage. Während unsere Nachbarn jedoch überwiegend ihren Sieg oder ihre Befreiung feiern, ist die Erinnerung der Deutschen anders geprägt. Trauer, Verlust, Niederlage, Schuld und Verantwortung sind die Begriffe, die das öffentliche Gedenken bestimmen. Aber auch die Hoffnung, dass die Menschen aus der Geschichte lernen, damit sie sich nicht wiederholt.“ So weit Reinhard Führer.
Damit Geschichte sich nicht wiederholt! Ich erschrecke manchmal bei den Nachrichtenmeldungen über die Zustände, Verhaltensweisen und Motivationen von Menschen in einer globalisierten Welt. Vielleicht geht es Ihnen, verehrte Anwesende genau so, dass Sie am liebsten den Fernseher abschalten möchten, um Ruhe zu haben von all den täglichen Meldungen über Mord und Krieg.
Wie oft schon hat sich Geschichte wiederholt im Kreislauf von Recht oder vermeintlicher Gerechtigkeit, von Vergeltung, von Hass, von Aufruhr, von Überlegenheitsgefühl, von Neid und Missgunst oder aus wirtschaftlichen Gründen. Sie hat sich wiederholt aufgrund von Weltanschauungen, aus rassistischen Gründen, aufgrund vermeintlicher Rechte auf Landgebiete, oder im Bestreben die eigene Macht auszuweiten und noch vieles mehr. Die Geschichtsbücher sind voll davon und verschweigen oft die guten Taten von Frauen und Männern, die wirklich der Menschheit genutzt haben.
Und heute? Auch die modernen Kriege beweisen eine Erfahrung, dass nämlich Gewalt immer wieder neue Gewalt hervorruft. Und wir halten wieder Volkstrauertag! Warum vergessen wir das nicht alles? Geht uns das noch etwas an?
Im westlichen Europa sind Kriege seit 62 Jahren Vergangenheit. Danken wir für diese längste Friedensperiode in der Geschichte? Sind wir uns dieser Situation bewusst? Wissen und registrieren wir, dass das nicht selbstverständlich oder Zufall ist?
Es waren Menschen, große Männer und Frauen der Politik, welche die Sinnlosigkeit der Vergeltung, der gegenseitigen Schuldzuweisung, der überzogenen Forderung nach Gerechtigkeit erkannt, neue Wege gewagt haben und sie gegangen sind. Menschen, die das Elend und Leid erlebt und gesehen haben, es akzeptieren mussten und daraus ihre Schlüsse zogen. Sie haben das Leid auf beiden Seiten der Fronten erkannt, aber sie haben nicht angefangen es aufzurechnen oder abzuwägen, wer denn mehr oder am meisten gelitten habe, oder um jetzt mehr Vorteile aus der Sache ziehen zu können. Sie haben letzten Endes “Gnade vor Recht“ ergehen lassen, zum Vorteil aller Beteiligten.
Dabei geht es nicht darum, eigene leidvolle oder peinliche Geschichte und unheilvolle Geschehnisse einfach zu vergessen. Alles ist eingegraben in unser geschichtliches Bewusstsein, in die Zeitachse menschlicher Entwicklung, in den Lebensweg der Menschheit. Aber zwischen Vergessen, Vergelten, Versöhnen und Vergeben liegen große Zwischenräume, liegen elementarere Unterschiede. Schuld vergeben zu können, ist wohl eines der höchsten Güter der Menschen und da haben die Völker und Nationen der Welt noch viel zu lernen.
In diesem Jahr sind 50 Jahre vergangen, seit Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande die EWG und die EURATOM, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft begründeten. Diese so genannten RÖMISCHEN VERTRÄGE waren der Anfang der heutigen Europäischen Union mit ihren 27 Mitgliedsstaaten.
Eine Brücke spannt sich zwischen jener Vergangenheit und der Zukunft. Mitten darauf stehen wir mit unserem Hier und Heute. Durch unsere Haltung und Handlung gewinnt Vergangenheit auch Zukunft. Welcher Geist treibt uns weiter, weiter in der Erkenntnis unseres gemeinsamen Daseins und in der Menschlichkeit?
Der Volkstrauertag regt uns an, darüber ein wenig nachzudenken. Menschen jeden Alters der am Krieg beteiligten Nationen stellen oft Geld und Freizeit zur Verfügung, um Gefallenen und Opfern eine würdige Ruhestätte zu gewähren. Auch wenn eine Aussöhnung manchmal viele Jahre dauert, so darf man sich doch über jede Geste der Verständigung freuen, Gesten, die nicht weltbewegend sein müssen, die aber dazu beitragen, dass Menschen sich besser verstehen lernen, dass menschliches Verhalten wieder aufgewertet wird.
Vielleicht ist das ja gar nicht so einfach zu erreichen, ja utopisch, dieses Versöhnen, dieses Vergeben, dieses bewusste Verzichten auf vermeintliches persönliches oder staatliches Recht und auf absolute Wiedergutmachung. Üben wir das ruhig auch im privaten und persönlichen Alltag ein, damit wir hoffen lernen, dass es auch einmal den Völkern und Staaten gelingen möge. Damit sich Geschichte nicht wiederholt!